Markierungsversuche im Einzugsgebiet des Blautopfs

Einbau der Datenlogger im Mörikedom

Markierungsversuche im Einzugsgebiet des Blautopfs sowie im Blauhöhlensystem und der Hessenhauhöhle (Blaubeuren, Alb-Donau-Kreis) - Wissenschaftler und Höhlenforscher wollen mit Markierungsversuchen die unterirdischen Wege des Wassers durch die Alb verfolgen.

Von April bis Mai 2012 werden Markierungsversuche im Einzugsgebiet des Blautopfs und insbesondere im Blauhöhlensystem bei Blaubeuren und in der Hessenhauhöhle bei Berghülen durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde am 14.04.2012 mit dem Einbau der Messgeräte in der Blauhöhle begonnen. Mit zwei Teams fuhren die Höhlenforscher der ARGE Blautopf in die Blauhöhle ein. Mit dabei und unterstützt wurden sie dabei von der Dipl. Geol. Ute Bellmann vom KIT , Institut für Angewandte Geowissenschaften, Karlsruhe.

Die Bilder zeigen den Einbau der Datenlogger im Mörikedom und in der Halle des Verlorenen Flusses.

Einbau des Fluorimeters

Mit den Versuchen sollen neue Erkenntnisse gewonnen werden über die Grundwasserverhältnisse im Karst sowie speziell über die unterirdische Entwässerung des Blautopf-Einzugsgebiets über den Höhlenfluss der unterirdischen Blau, der abschnittsweise in der Hessenhauhöhle sowie im Blauhöhlensystem begehbar ist.

Seit Jahrzehnten werden Fließvorgänge des Grundwassers mit Hilfe zugesetzter Markierungsmittel (sog. "Tracer") untersucht. Diese Methode ist besonders im Karst weit verbreitet, wo das gesamte Niederschlagswasser sofort in den Untergrund versickert und unterirdisch abfließt und nach kurzer Fließzeit in Quellen wieder ans Tageslicht kommt. Im Einzugsgebiet des Blautopfs sind in den vergangenen Jahrzehnten schon mehr als 60 solcher Markierungsversuche durchgeführt worden. Die früheren Versuche waren darauf ausgerichtet, die Fließverhältnisse des Grundwassers großräumig zu erkunden und das Einzugsgebiet des Blautopfs in seiner Größe sowie in der Lage abzugrenzen. Durch die Versuche belegt, umfasst das Einzugsgebiet des Blautopfs eine Fläche von 165 km2 und erstreckt sich nach Nordwesten bis in den Raum Zainingen – Westerheim, nach Norden bis in den Raum Hohenstadt – Widderstall und nach Osten bis Machtolsheim. Im Norden ist die Einzugsgebietsgrenze mit der unterirdischen Wasserscheide zwischen Neckar/Rhein und Donau identisch.

Einzugsgebiet von Blautopf und Lauter

Fachlicher Ansatz der neuen Versuche

Bei den neuen Markierungsversuchen geht es um Detailfragen der unterirdischen Entwässerung innerhalb des Blautopf-Einzugsgebiets. Durch intensive Erkundungen von Höhlenforschern ist es gelungen, Zugang zu zwei großen Höhlenflüssen zu finden, die wesentlichen Anteil an der unterirdischen Entwässerung des Blautopfs haben. Während im Blauhöhlensystem, das im Blautopf bei Blaubeuren beginnt, schon seit mehreren Forschergenerationen die unterirdischen Wege der Blau erkundet werden (seit 1997 durch die Arge Blautopf), ist die Entdeckung und Erschließung der Hessenhauhöhle in Berghülen durch die Arge Blaukarst (einem Zusammenschluss von Höhlenforschern aus verschiedenen höhlenkundlichen Vereinen) relativ neu. Nach langjähriger Grabungsarbeit (seit 2006) in einer Doline im Gewann Hessenhau (Gemarkung Berghülen) gelang es 2011, in 127 m Tiefe in eine Horizontalhöhle vorzustoßen, in der auf ca. 2,5 km Länge ein Höhlenfluss (im folgenden als „Nord-Blau“ bezeichnet) begangen werden kann. Nach Süden Richtung Blauhöhlensystem verschwindet das Wasser in einem bisher noch nicht vollständig erkundeten Siphonsystem. Etwa 1 km südlich davon befindet sich das mittlerweile auf 8,5 km Länge erkundete Blauhöhlensystem, das sowohl über den Blautopf tauchend als auch über einen gebohrten Schacht in der Blaubeurer Steige erreicht werden kann. Im hinteren (d.h. nördlichen und nordwestlichen Teil der Höhle) kann an mehreren Stellen abschnittsweise der Höhlenfluss (im folgenden als „Ur-Blau“ bezeichnet) begangen werden, bevor er ab dem Mörikedom ca. 1,2 km lang bis zum Blautopf die Höhlengänge vollständig flutet und hier getaucht werden muss. Für die Höhlenforscher und Geologen, die sich beide seit langem mit der unterirdischen Entwässerung im Blautopf-Einzugsgebiet befassen, ergeben sich vorrangig zwei Fragestellungen:

• Gibt es unterirdische Verbindungen zwischen Nordblau und Blauhöhlensystem ? Wo tritt das Wasser der Nordblau (Hessenhauhöhle) in das Blauhöhlensystem ein?

• Sind die beiden Höhlenflüsse mit weiteren Flusshöhlen verbunden, die großräumig das Blautopf-Einzugsgebiet durchziehen.

Dazu sind Versuche im gesamten Einzugsgebiet (regionaler Untersuchungsmaßstab) erforderlich (Zainingen, Laichingen) sowie in den Höhlensystemen selbst (lokaler Untersuchungsmaßstab) Die kleinmaßstäblichen Untersuchungen können nun erstmals durchgeführt werden, da im Einzugsgebiet des Blautopfs dank der Forschungsaktivitäten der Höhlenforscher in zwei Bereichen die unterirdischen Entwässerungsröhren direkt begehbar sind, nämlich im Blauhöhlensystem und in der Hessenhauhöhle.

Skizze zu den Markierungsversuchen der Wasserwege

So gilt vorrangig die Frage, wie die einzelnen Höhlenflussabschnitte miteinander zusammenhängen und welche Wassermengen in den einzelnen Höhlenteilen strömen. Daraus könnte auf die nordwärtige Fortsetzung der einzelnen Höhlenäste geschlossen werden. Es stellt sich die Frage, ob der Hessenhau-Ast in den vorderen Teil des Blauhöhlensystems einmündet oder gar die Ur-Blau speist.

Durch die zusätzlichen Eingaben von Markierungsstoffen in den nördlichen Teilen des Einzugsgebiets, nämlich in Zainingen und Laichingen, soll geklärt werden, aus welchen Bereichen die Höhlenäste angeströmt werden. Folglich kann aus den erkundeten Verbindungen detailliert auf die unterirdische Drainage des Blautopfeinzugsgebiets geschlossen werden.

Diese Ergebnisse sind nicht nur von wasserwirtschaftlichem bzw. geowissenschaftlichem Interesse, sondern zeigen den Höhlenforschern auch mögliche Forschungsschwerpunkte, wenn es Vermutungen gibt über mögliche, bis jetzt nicht begehbare Fortsetzungen der Höhlenäste.

Untersuchungsprogramm

Es ist geplant, einen Versuch mit insgesamt 4 Tracer-Eingaben im Einzugsgebiet des Blautopfes durchzuführen. Dabei beinhaltet das Untersuchungsprogramm einen lokalen Versuch im Bereich der Blauhöhle-Hessenhauhöhle und einen regionalen Versuch im weiteren Einzugsgebiet der beiden Höhlensysteme. Beide Versuche werden mit jeweils 2 Tracer-Eingaben durchgeführt. Eine zeitliche Streckung von einer Woche zwischen lokalen und regionalen Tracer-Eingaben ist vorgesehen.

Versuchsskizze (Prinzipbild) mit geplanten Eingabestellen (E1 bis E4) und möglichen Fließwegen, nicht maßstabsgetreu gezeichnet.

Tracereingabe und Tracer-Beprobungsstellen

Das lokale Einzugsgebiet des Blautopfes und die hydraulischen Verbindungen im näheren Umkreis (Blauhöhlensystem und Hessenhauhöhle) sollen durch die Eingaben von Amidorhodamin G (200 g) und Uranin (100 g) in die Höhlenbäche Ur-Blau und Nordblau geklärt werden. Dazu werden die Tracer zeitnah an den beiden Eingabestellen eingebracht. Der Tracer-Durchgang wird während der gesamten Versuchsdauer kontinuierlich über Messgeräte und Wasserproben am Blautopf kontrolliert. Nach dem Tracerdurchgang beider Fluoreszenzfarbstoffe am Blautopf beginnt der regionale Versuch. Eingabestellen sind Versickerungsstellen in Laichingen (Kläranlage-Ost) und Zainingen (ehem. Kläranlage), die jeweils in Verlängerung der Höhlenäste liegen. Aus analytischen Gründen werden beim regionalen Versuch ebenfalls Amidorhodamin G und Uranin verwendet. Bei Zainingen sollen 2000 g Amidorhodamin G, bei Laichingen 1500 g Uranin eingegeben werden. Da die Höhlen nur unter extremem Aufwand begangen werden können, kann eine manuelle Beprobung nur bedingt durchgeführt werden. Der Nachweis der Tracer stützt sich in den Höhlensystemen daher auf automatische Messungen mittels sog. Fluorimeter und Aktivkohle-Filter. Letztere werden einfach nur ins Flusswasser gehängt und reichern den durchfließenden Markierungsstoff an. Später kann dann im Labor der Nachweis des Markierungsstoffs erfolgen. An drei Stellen werden Fluorimeter-Messstationen eingerichtet und an zahlreichen weiteren Punkten Aktivkohle-Filter eingebaut.

Eingabestellen und –mengen der Tracer des lokalen und regionalen Versuches am Blautopf

Die Eingabe für den Versuch im Nahfeld der Höhlen ist für das Wochenende 21./22. April geplant, für den späteren regionalen Versuch in den Kläranlagen das Wochenende 28./29. April.

Nach wissenschaftlichen Untersuchungen und Bewertungen sind sowohl Uranin als auch Amidorhodamin G als ökotoxikologisch unbedenklich eingestuft und damit im Einsatz für die hydrogeologische Markierungstechnik zulässig.

Die Durchführung der Markierungsversuche wurde bei der Unteren Wasserbehörde des Alb-Donau-Kreises beantragt. Die wasserrechtliche Erlaubnis wurde am 06. März 2012 erteilt.

Organisation und beteiligte Gruppen

Die Durchführung des Projekts ist nur in enger Zusammenarbeit von Höhlenforschern und Geowissenschaftlern möglich.

Geowissenschaftler bringen ihr Fachwissen über den geologischen Aufbau des Untergrunds und über dort ablaufende Prozesse und natürlich den Zugang zu Labors und Messinstrumenten ein. Höhlenkundler betreiben die Forschung unter Tage in ihrer Freizeit als Hobby, sind aber ausgewiesene Spezialisten, die die Voraussetzungen für die geowissenschaftliche Forschung liefern. Vor allem die aufwändigen Vermessungsarbeiten und Kartierungen unter Tage und die daraus erstellten Höhlenpläne sind wichtige Grundlagen für alle weiteren Arbeiten. Höhlenforscher sind mit ihrer Arbeit unter Tage zu wertvollen Beobachtern und Datensammlern für die wissenschaftliche Arbeit geworden.

Beteiligt sind folgende Organisationen:

  • Arge Blautopf
  • Arge Blaukarst
  • Institut für Angewandte Geowissenschaften, Karlsruher Institut für Technologie (KIT),Prof. Dr. Nico Goldscheider, Dipl. Geol. Ute Bellmann

Die Fluoreszenzmessungen an den Wasserproben werden im KIT Karlsruhe durchgeführt. Die Einrichtung der Messstationen erfolgt durch Höhlenforscher der Arge Blautopf (Blauhöhlensystem) und Arge Blaukarst (Hessenhauhöhle). Die Auswertung erfolgt durch die Mitglieder der Projektgruppe am KIT in fachlich enger Zusammenarbeit. Die Tracereingabe und Einrichtung der Messstationen in den Höhlen erfolgt durch Höhlenforscher der Arge Blautopf (Blauhöhlensystem) und Arge Blaukarst (Hessenhauhöhle).

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